Pflegegrad 1

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1. Was bedeutet Pflegegrad 1?

Per Definition bedeutet die Einstufung in Pflegegrad 1, dass “eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten” vorliegt. Z.B. ist man etwas wackelig auf den Beinen und hat leichte Einschränkungen beim Gehen oder Tragen von schweren Sachen. Ggf. wird immer, oder in manchen Situationen schon ein Gehstock benötigt.  Oder aber man ist vergesslich und nimmt daher seine  Medikamente nicht regelmäßig ein.

2. Voraussetzungen für Pflegegrad 1

Um Pflegegrad 1 zugesprochen zu bekommen, dürfen nur sehr geringe Einschränkungen der Selbstständigkeit und der Fähigkeiten vorliegen.

Die Hilfestellung muss durch eine nahestehende Person (Familie, Bekanntenkreis, Nachbarin oder Nachbar) im Haushalt der pflegebedürftigen Person geleistet werden.

Ein Beispiel: Claas B. (75) bewältigt die meisten Dinge, die im alltäglichen Leben wichtig sind, wie die Körperhygiene, oder auch das Pflegen von sozialen Kontakten noch gut. Die regelmäßige Reinigung seines Hauses übernimmt seit Jahren eine Reinigungskraft.

Mobilitätseinschränkungen sind höchstens in geringem Maße vorhanden. Claas B. kann sich sowohl in der Wohnung als auch außerhalb noch ohne fremde Hilfe fortbewegen. Er benötigt weder einen Gehstock noch einen Rollator. Manchmal ist er aber etwas vergesslich und vergisst, seine Medikamente zu nehmen. Auch die regelmäßige Zubereitung von Mahlzeiten fällt ihm nicht leicht.

Ein bisschen Hilfe wäre also notwendig, damit Herr B. regelmäßig isst. Notwendig wäre es auch, dass morgens und abends eine Vertrauensperson vorbeischaut, die darauf achtet, dass er seine Medikamente nimmt.

Damit Herr B. überhaupt einen Pflegegrad beantragen kann, benötigt er eine Person, die diese Rolle übernimmt. Dies kann z.B. ein Angehöriger sein, aber auch die Nachbarin von gegenüber.

3. Der Pflegegrad-Antrag

Einen Pflegegrad zu beantragen ist zunächst einmal einfach. Entweder ruft man bei der Pflegekasse an und beantragt ihn telefonisch, oder man schreibt einen informellen Brief und sendet ihn an die Pflegekasse. Ist man dazu selbst nicht mehr in der Lage, kann dies auch eine bevollmächtigte Vertrauensperson tun.

Ist das passiert, meldet sich nach maximal 25 Tagen der medizinische Dienst und vereinbart einen Termin zur Begutachtung der zu pflegenden Person. Die Begutachtung findet in ihrem Haushalt statt. An diesem Tag sollte die Person, die später für die Pflege zuständig sein wird, anwesend sein.

Am Tag der Begutachtung kommt ein Gutachter (eine Gutachterin) des Medizinischen Dienstes oder von MEDICPROOF (bei Privatversicherten). Dieser  nimmt anhand eines komplexen Fragenkataloges (64 Fragen) die Begutachtung vor. Je nach Einschätzung vergibt er Punkte und ermittelt anhand derer den möglichen Pflegegrad. Nachdem dies erledigt ist, übermittelt er seine Empfehlung, zum Beispiel für Pflegegrad 1, an die Pflegekasse. Diese entscheidet dann, ob dem Vorschlag entsprochen wird.

4. Leistungen bei Pflegegrad 1

Anders als bei den höheren Pflegegraden stehen Ihnen bei Pflegegrad 1 nur wenige Leistungen zu. Dazu gehören:

125,00€ Entlastungsbetrag pro Monat

Wurde Ihnen Pflegegrad 1 genehmigt, steht  Ihnen ein monatlicher Entlastungsbetrag von 125,00€ zu. Damit können Sie zum Beispiel eine Person bezahlen, die Ihnen 1x die Woche Gesellschaft leistet, Ihnen vorliest, eine Runde mit Ihnen spazieren geht oder auch kleine Besorgungen für Sie macht. Pflegeleistungen durch einen Pflegedienst dürfen davon aber nur in Ausnahmefällen bezahlt werden, zum Beispiel, wenn es sich um körperbezogene Leistungen, wie Unterstützung beim Baden, handelt. Diese Leistungen müssen im Nachhinein mit der Pflegekasse abgerechnet werden.

Zuschuss zur Anpassung des Wohnraums

Damit Sie so lange wie möglich in Ihren gewohnten vier Wänden bleiben können, zahlt die Pflegekasse pauschal bei allen Pflegegraden einen Zuschuss zur Anpassung des Wohnraums. Dieser beträgt bis zu 4.000,00€ pro Person mit Pflegegrad.

Höchstens 4 Personen im gleichen Haushalt, die einen Pflegegrad zugesprochen bekommen haben, können diesen Zuschuss erhalten. Maximal 16.000,00€ können also für Umbaumaßnahmen genutzt werden. Umbaumaßnahmen können zum Beispiel die barrierefreie Umgestaltung des Bades und vor allem der Dusche oder der Badewanne sein. Hat man eine mehrgeschossige Wohnung oder ein Haus, könnte von dem Geld ein Treppenlift eingebaut werden.

Anspruch auf Hausnotruf

Je nach Anbieter und Vertrag stehen der pflegebedürftigen Person mindestens 23,00€ als Zuschuss für den einmaligen Anschluss eines Hausnotrufes, bzw. als Anteil am monatlichen Beitrag zu.

Anspruch auf kostenlose Pflegeberatung und Pflegekurse

Um eine optimale Pflege zu gewährleisten, können Pflegebedürftige halbjährlich eine Pflegeberatung in Anspruch nehmen. Bei der Pflegeberatung durch die Pflegekassen erhält man zum Beispiel Tipps, wie man die Pflege in den eigenen vier Wänden am besten organisieren kann.

Pflegende Personen haben unabhängig vom Pflegegrad die Möglichkeit, kostenlose Pflegekurse zu besuchen. Hier lernen sie zum einen, was es bei der Pflege zu beachten gibt und zum anderen, wie man mit der, zum Teil schweren Aufgabe, auch mental gut umgehen kann.

Die 40,00€ Pauschale für Pflegehilfsmittel

Unter Pflegehilfsmitteln versteht man Verbrauchsprodukte, die regelmäßig in der häuslichen Pflege benötigt werden. Dazu zählen:

  • Händedesinfektionsmittel
  • Flächendesinfektionsmittel
  • Krankenunterlagen / Bettschutzeinlagen
  • Einmalhandschuhe
  • Essschürzen Einweg
  • Mund-Nasenschutz

Sie sollen Personen, die andere Personen (zum Beispiel Angehörige) im Privathaushalt pflegen, als Hilfestellung dienen. Hat man mindestens Pflegegrad 1 zugesprochen bekommen, erhält man die Box mit Hilfsmitteln komplett von der Pflegekasse finanziert, also monatlich 40 Euro.

Wohngruppenzuschlag

Möchten maximal 3 Personen mit Pflegegrad eine Wohngemeinschaft gründen, dann haben Sie pro Person einmalig das Anrecht auf 2.500,00€ sogenannte “Anschubfinanzierung”.

Zusätzlich stehen einem monatlich 214,00€ Zuschuss zu. Dafür kann zum Beispiel jemand bezahlt werden, der die Organisation der WG übernimmt. 

5. Worauf hat man keine Ansprüche?

Aufgrund der geringen Beeinträchtigungen und Einschränkungen im Alltag gewährt die Pflegekasse keine finanzielle Unterstützung in Form von Pflegegeld, Pflegesachleistungen oder Kurzzeitpflege.

Pflegegeld (erst ab Pflegegrad 2) ist dazu da, um pflegenden Personen aus dem persönlichen Umfeld des Pfleglings einen kleinen Obolus zu bezahlen.

Pflegesachleistungen sind Leistungen, die zum Beispiel von einem professionellen Pflegedienst entrichtet werden. Dies können zum Beispiel Leistungen der Grundpflege sein. Dazu zählen waschen, kämmen, ankleiden, etc.

Kurzzeitpflege kann man zum Beispiel nach einem Krankenhausaufenthalt erhalten, beispielsweise wenn man danach aufgrund des erhöhten Pflegeaufwandes noch maximal  28 Tage in einem Pflegeheim versorgt werden muss. Einer Person, die in Pflegegrad 1 eingestuft wurde, stehen nicht automatisch Zuschüsse für die Kurzzeitpflege zu. Ein Anspruch darauf kann aber bei der Krankenversicherung geltend gemacht werden. 

6. Quellen

Über Sabrina Sommer

Sabrina Sommer ist seit 2019 Mitarbeiterin der ARDMED. Mit ihrer langjährigen Erfahrung als Krankenpflegerin unterstützt sie uns redaktionell bei der Konzipierung und Erstellung von Fachtexten jeglicher Art. Ihr Schwerpunkt liegt bei der aufsaugenden und ableitenden Inkontinenz, aber auch mit den Produkten des Medizin- und Pflegebedarfs kennt sie sich bestens aus.



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